Juni — Juli 2025
4. Akti­ons­be­richt
Kroa­ti­sche Adria

Metho­den­ver­gleich bei der Rena­tu­rie­rung von See­gras­wiesen mit Posi­do­nia Ocea­ni­ca (Nep­tun­gras) in der kroatischen Adria.

Die jähr­li­che GUE Scientific Week (Glo­bal Under­wa­ter Explo­rers) wird durch den Mee­res­bio­lo­gen und Grün­dungs­mit­glied von Seagrass Conservation, Erik Wurz, orga­ni­siert. Die­ses Citizen-Science-Pro­jekt fin­det in Gla­vo­tok auf der Insel Krk statt. In die­sem Jahr hat eine neun­köp­fi­ge Grup­pe von Mit­glie­dern teil­ge­nom­men und gemeinsam in einem inter­na­tio­na­len Team von GUE Scientific Divern einen umfang­rei­chen Metho­den­ver­gleich für die Rena­tu­rie­rung von See­gras­wiesen durch­ge­führt und ange­legt. Die ver­brei­te­te Spe­zi­es im Mit­tel­meer und in der Adria ist das Nep­tun­gras (Posi­do­nia ocea­ni­ca). Nep­tun­gras unter­schei­det sich von der vor­herr­schen­den Spe­zi­es in der Ost­see, dem gewöhn­li­chen See­gras (Zos­te­ra mari­na): Das Rhizom ist deut­lich dicker und spei­chert Stär­ke, die Blät­ter sind eben­falls kräf­ti­ger und län­ger und haben zwei Wachs­tums­pe­ri­oden im Früh­jahr und im Herbst. Die Fort­pflan­zung ist aller­dings sehr ähn­lich und sowohl zwei­ge­schlecht­lich als auch ein­ge­schlecht­lich, durch Abrei­ßen und Ver­trei­ben von ein­zel­nen Pflan­zen mit Wur­zeln und Spros­sen mit Blät­tern und natür­li­cher Anla­ge­rung in neu­en Substrat­flächen.

Bei der Erb­gut-Ana­ly­se von Nep­tun­gras im gesam­ten Mit­tel­meer haben Sophie Arnaud-Haond u. a. vom DEEP-Cent­re de Brest in Plou­za­né bis zu 15 km aus­ge­dehn­te (gene­tisch iden­ti­sche) Klo­ne gefun­den. Aus die­ser Län­ge und den Wachs­tums­ra­ten lei­ten die For­sche­rin­nen ein Alter von bis zu 80.000 Jah­ren ab, womit die­se die ältes­ten Lebe­we­sen der Welt sein könn­ten. Gleichzeitig dehnt sich eine Nep­tun­gras­wie­se auf natür­li­che Wei­se nur extrem lang­sam aus. Das heißt, wenn eine See­gras­wie­se zer­stört ist, ist ein extrem wich­ti­ges Habi­tat, das über Jahr­hun­der­te gewach­sen ist, ver­schwun­den und kann erst über vie­le hun­dert Jah­re wie­der in der Grö­ße ent­ste­hen. Das Wachs­tum einer See­gras­wie­se beträgt maxi­mal zwi­schen 10 und 100 cm in 100 Jah­ren. Die ver­schie­de­nen Rena­tu­rie­rungs­ver­su­che zie­len dar­auf ab, die­sen Pro­zess zu för­dern und womög­lich zu beschleu­ni­gen und die Ver­brei­tung die­ses zen­tra­len Habi­tats mit gro­ßen Vor­tei­len für Küs­ten und Ozea­ne sowie als wich­ti­ge Koh­len­stoff­sen­ke zu unterstützen.

Die betrof­fe­ne See­gras­wie­se wur­de bereits im vor­he­ri­gen Jahr durch eini­ge Mit­glie­der von Seagrass Conservation inner­halb der letz­ten GUE Scientific Week unter­sucht, ver­mes­sen und geo­re­fe­ren­ziert, die Dich­te des Bewuch­ses bestimmt und die Gesund­heit der See­gras­wie­se in ein­zel­nen Berei­chen unter­sucht. In die­sem Jahr soll­te eine Rena­tu­rie­rungs­maß­nah­me auf­ge­baut werden, bei der zwei ver­schie­de­ne Pflanz­me­tho­den in drei ver­schie­de­nen Tie­fen über meh­re­re Jah­re ver­gli­chen werden sol­len. Die See­gras­wiesen sind auch im Mit­tel­meer stark unter Druck durch die­sel­ben Fak­to­ren, die auch unsere See­gras­wiesen in der Ost­see degra­die­ren. Anders als bei uns – in der Ost­see erstre­cken sich See­gras­wiesen in den Berei­chen zwi­schen 1,5 und 6 m –, liegt die Ver­brei­tung die­ser Spe­zi­es im Mit­tel­meer zwi­schen 3 m und bis zu 50 m Tie­fe. Die von uns unter­such­te See­gras­wie­se liegt im Tie­fen­be­reich zwi­schen 12 und 28 m. Es gibt zahl­rei­che wissen­schaftliche Arbeiten zur Rena­tu­rie­rung von See­gras­wiesen im Mit­tel­meer und im angren­zen­den Atlan­tik, die sowohl die Pflanz­me­tho­de mit acht ein­zel­nen Spros­sen pro Qua­drat­me­ter als auch eine Metho­de für die Ver­pflan­zung von gan­zen Soden von 20 × 20 cm und 5 cm Dicke unter­sucht und doku­men­tiert haben. Bei der Soden­ver­pflan­zung wird das voll­stän­di­ge Rhizom, im bes­ten Fall mit einem Teil des Sub­strats, ent­nom­men und an der Rena­tu­rie­rungs­flä­che wie­der ein­ge­pflanzt. Dies ist ganz ähn­lich wie bei der Ver­pflan­zung von gan­zen Rasen­flä­chen – die Spe­zi­es sind eng ver­wandt. Ins­be­son­de­re in Berei­chen mit hoher Expo­si­ti­on durch Wel­len und Strö­mun­gen an der Atlan­tik­küs­te Por­tu­gals war die zwei­te Metho­de erfolg­rei­cher.

Ziel unse­res Ver­suchs­auf­baus war, bei­de Metho­den zu ver­glei­chen. Hier­zu wurden in den Tie­fen von 12, 15 und 18 m auf bei­den Sei­ten der See­gras­wie­se jeweils 10 m lan­ge Tran­sek­te gelegt. Im Ver­lauf meh­re­rer Tauch­gän­ge wurden hier die erfor­der­li­che Dich­te der Spen­der-See­gras­wie­se von 80–100 Pflanzen/m² ermit­telt und im Fol­gen­den weni­ger als 2 % der Pflan­zen ent­nom­men und an den Tran­sekt­stre­cken ange­pflanzt. Im öst­li­chen Bereich wurden drei Tran­sek­te mit acht Pflan­zen pro Qua­drat­me­ter bepflanzt, im west­li­chen Bereich der See­gras­wie­se jeweils ein Soden von 20 × 20 cm pro Qua­drat­me­ter. Anders als bei den Pflan­zun­gen im Atlan­tik ist der Soden nicht als Gan­zes erhal­ten geblie­ben, da das Sedi­ment sehr grob war. Es wurden somit alle Rhi­zom­stü­cke aus dem Qua­drat ent­nom­men und an der neu­en Stel­le wie­der ein­ge­pflanzt. Bei bei­den Pflanz­me­tho­den war eine Sor­tie­rung an Land nicht erforderlich, da das Rhizom erheb­lich stär­ker ist und unter Was­ser vor­be­rei­tet und trans­por­tiert wird. Der Trans­port fand jeweils in Trans­port­bo­xen statt, die unter Was­ser von der Spenderwiese zum jewei­li­gen Pflanz­tran­sekt in mög­lichst glei­cher Tie­fe trans­por­tiert wurden. Hier­zu wurden von meh­re­ren Teams mehr als 20 Tauch­gän­ge von bis zu zwei Stun­den durch­ge­führt, in Tie­fen zwi­schen 10 und 20 m. Ein anschlie­ßen­des Monitoring hat gezeigt, dass die Ein­zel­pflan­zen im gro­ben Sub­strat grö­ße­re Schwie­rig­kei­ten haben, an der Pflanz­stel­le zu ver­blei­ben, und klei­ne­re Nach­ar­bei­ten waren hier not­wen­dig. Ein Monitoring nach vier Wochen hat gezeigt, dass die drei Tran­sek­te noch mit dem größ­ten Teil der Pflan­zen vor­han­den waren und die Pflan­zen auf­recht stan­den. In min­des­tens vier Fol­ge­jah­ren soll der Metho­den­ver­gleich mehr­mals jähr­lich unter­sucht werden. Hier­zu werden sowohl Teil­neh­mer der GUE Scientific Week als auch wei­te­re Stu­die­ren­de, die in die­sem Bereich Feld­for­schung betrei­ben, den Ver­such doku­men­tie­ren. Ziel ist es, die Erkennt­nis­se über Rena­tu­rie­rungs­pro­zes­se lang­fris­tig zu erwei­tern.

[1] See­gras: Das ältes­te Lebe­we­sen der Welt? Auf: science.orf.at, 10. Febru­ar 2012, mit Ver­weis auf doi:10.1371/journal.pone.0030454 „… Extre­me Life Span …“ im Open-Access-Jour­nal PLoS One. [2] Gui­de­line for the Acti­ve Res­to­ra­ti­on of Posi­do­nia ocea­ni­ca: Per­gent-Mar­ti­ni C., André S., Cas­te­jon I., Deter J., Frau F., Gera­ka­ris V., Man­ci­ni G., Molen­aar H., Mon­te­fal­co­ne M., Opran­di A., Per­gent G., Poursa­ni­dis D., Royo L., Ter­ra­dos J., Toma­sel­lo A., Ven­tura D., Vil­lers F., 2024. Gui­de­lines for Posi­do­nia ocea­ni­ca Res­to­ra­ti­on. Report Coope­ra­ti­on Agree­ment Medi­ter­ra­ne­an Posi­do­nia Net­work (MPN), French Bio­di­ver­si­ty Agen­cy (OFB) & Uni­ver­si­ty of Cor­si­ca Pas­qua­le Pao­li (UCPP) N°OFB-22–1310: 29 p. + Appen­di­ces. [3] Open Coast Seagrass Res­to­ra­ti­on. Can We Do It? Lar­ge Sca­le Seagrass Trans­plants. Dio­go Pau­lo, Alex­an­dra H. Cun­ha, Joa­na Boavi­da, Ester A. Ser­rão, Ema­nu­el J. Gon­çal­ves und Mark Fon­se­ca, Cen­tro de Ciên­ci­as do Mar, CCMAR, CIMAR, Uni­ver­si­da­de do Algar­ve, Faro, Por­tu­gal; Joint Natu­re Conservation Com­mit­tee, JNCC, Peter­bo­rough, United King­dom; MARE — Mari­ne and Envi­ron­men­tal Sci­en­ces Cent­re, ISPA — Insti­tu­to Uni­ver­si­tá­rio, Lis­bon, Por­tu­gal; CSA Oce­an Sci­en­ces Inc., Stuart, FL, United Sta­tes. Less Is More: Seagrass Res­to­ra­ti­on Suc­cess Using Less Vege­ta­ti­on per Area. Caro­li­na V. Mou­ra­to, Nuno Padrão, Ester A. Ser­rão und Dio­go Pau­lo.